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Ehrung für literaturnobelpreisträgerin

20 Euro "125. Geburtstag Nelly Sachs"

Im April 2016 erscheint in Deutschland eine 20-Euro-Silbermünze, die durch ihr Motiv eine hohe Aktualität erhält: Unter dem Satz "Kommt einer von Ferne" ist ein Stacheldrahtverhau dargestellt, auf dem ein Vogel sitzt - Symbole für Gewalt und Hoffnung, für Gefangenschaft und Freiheit. Ausgabeanlass ist aber nicht etwa die derzeitige Flüchtlingskrise, sondern der 125. Geburtstag von Nelly Sachs, einer deutsch-jüdischen Dichterin, deren Leben und Werk von Verfolgung und Flucht geprägt war.

Geboren 1891 in Berlin-Schöneberg als Leonie Sachs, kam sie zusammen mit ihrer Mutter im letzten Moment der Deportation ins Konzentrationslager zuvor, als ihr im Mai 1940 die Flucht ins Exil nach Schweden gelang. Dort lebte sie in teils sehr ärmlichen Verhältnissen bis zu ihrem Tod 1970 in Stockholm. Erst Ende der 1950er Jahre erfuhr sie auch in Deutschland breitere Anerkennung als Lyrikerin. An ihrem 75. Geburtstag erhielt sie schließlich 1966 als erste Frau den Literaturnobelpreis.

1. Preis: Georg Mann

Das Motiv der Gedenkmünze stammt von dem Bildhauer Georg Mann aus Halle an der Saale, dem das Preisgericht im Gestaltungswettbewerb den 1. Preis zusprach. Der "ausdrucksstarke, künstlerische Entwurf" stelle in überzeugender Weise eines der zentralen Themen aus dem Schaffen der Dichterin in den Mittelpunkt. Das Gedicht "Kommt einer von Ferne", auf das die Münze Bezug nimmt, setzt sich mit dem Flüchtlingselend und der Aufarbeitung des Holocaust auseinander. Das Preisgericht würdigte die "einprägsame, international verständliche Symbolik, die Gewalt und Freiheit beschreibt und zu einer Auseinandersetzung mit der Thematik und dem Gesamtwerk von Nelly Sachs einlädt."

Während fast alle Konkurrenzentwürfe im Münzwettbewerb ein Bildnis der Geehrten in den Mittelpunkt stellten, beruft sich Georg Mann auf ein Zitat von Nelly Sachs, die einmal schrieb: " ...(Ich) will, dass man mich gänzlich ausschaltet - nur eine Stimme, ein Seufzer für die, die lauschen wollen." "Dieser Bitte folgend", so der Münzgestalter, "erschien mir die Verwendung eines Portraits für die Gestaltung der Bildseite unpassend." Für den 39-jährigen Hallenser Künstler ist es übrigens der erste Entwurf, der als offizielle Münze der Bundesrepublik Deutschland geprägt wird. Ein Zitat von Nelly Sachs bildet die Randschrift: "FRIEDEN DU LEISESTE ALLER GEBURTEN".

2. Preis: Adelheid Fuss

Das zweitplatzierte Gipsmodell stammt von Adelheid Fuss aus Schwielowsee und kommt etwas konventioneller daher: Es zeigt ein nach links blickendes Halbprofil der Schriftstellerin, das die Jury zu einer wahren Lobeshymne veranlasste: "Sowohl der Ernst und die Sensibilität der Person als auch die Porträtähnlichkeit ist außerordentlich gut getroffen. Die sehr feine Schrift tritt gegenüber dem Porträt dezent zurück. Die Wertseite zeigt einen sehr würdevollen Adler und korrespondiert mit der Bildseite in hervorragender Weise."

3. Preis: Marianne Dietz

Auch Marianne Dietz aus Berlin setzte auf ein Porträt als Bildmotiv. Es zeigt Nelly Sachs in mittleren Jahren und unterstreicht durch "die außerordentliche Zartheit und Sensibilität des Reliefs die zurückhaltende und uneitle Persönlichkeit der Schriftstellerin", so das Preisgericht. Allerdings gibt es auch Kritik: Es fehle der Darstellung "durch die abweichende Nasenpartie an eindeutiger Wiedererkennbarkeit."

Bei den Fotos der Gipsentwürfe (auch denen der "Deutschlandlied"-Münze) erkennt man übrigens noch, dass sie alle vor dem 15. Februar 2015 entstanden sind. An diesem Tag nämlich hat das Bundeskabinett entschieden, die bisherigen 10-Euro-Gedenkmünzen ab 2016 durch Silbermünzen mit 20 Euro Nennwert zu ersetzen. Auf den Entwürfen steht deshalb noch das alte Nominal und "Silber 625" für die etwas schlechtere Legierung der damaligen Spiegelglanzausgaben.

Spezifikationen: "125. Geburtstag Nelly Sachs", 2016, 20 Euro, Silber 925/1000, 18 g, ø 32,5 mm, St/PP. Prägestätte Stuttgart (F). Die Auflagen wurden noch nicht bekanntgegeben.


Vollständiger Artikel im DEUTSCHEN MÜNZEN MAGAZIN November/Dezember 2015.

Gedenkmünze

Gedenkmünze

Der einzige preisgekrönte Entwurf ohne Porträtdarstellung kam auf Platz 1: Georg Mann aus Halle setzte auf Stacheldraht-Symbolik.

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