Internationale Fachzeitschrift für
alte und neue Numismatik

Neuer Rekordpreis für einen goldenen Jakobslöser

Über 900.000 Euro: Deutschlands teuerste Münze

Diese preislichen Höhen hat bislang keine deutsche Münze je erklommen: In einer Auktion Ende letzten Jahres erzielte eine Goldmünze von 1625 aus Braunschweig-Wolfenbüttel umgerechnet 911.500 Euro!

Es war der Höhepunkt einer Münzauktion am 30. Oktober 2015 in London, bei der ein erster Teil der berühmten Preussag-Sammlung aus Lösern und Bergbauprägungen zur Versteigerung kam. Als teuerstes Stück ging mit einem sensationellen Zuschlag von 650.000 Pfund ein goldener Jakobslöser zu 20 Goldgulden von 1625 hervor – ursprünglich war das Stück vom Osnabrücker Auktionshaus Künker in Zusammenarbeit mit dem englischen Partner London Coin Galleries auf 150.000 Pfund Sterling taxiert worden.

Mit umgerechnet 911.500 Euro ist der Jakobslöser nun um ein Vielfaches wertvoller als bisherige Spitzenreiter aus der deutschen Münzgeschichte wie der Brandenburger Portugalöser zu 10 Dukaten von 1584 (375000 DM auf einer Auktion im Jahr 1999). Geprägt wurde der neue deutsche Rekordhalter unter Fürst Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfen­büttel, dessen Großvater Julius ein halbes Jahrhundert zuvor die großen Löser als neue Münztypen eingeführt hatte (siehe Kasten rechts).

Ein Vielfaches über bisherigen Spitzenpreisen

Dass es sich dabei normalerweise um Silbermünzen handelt, macht diesen 67 Millimeter großen und knapp 60 Gramm (entsprechend 20 Goldgulden) schweren  Goldabschlag umso herausragender. Als Prägemetall für den Jakobslöser diente die Ausbeute der namensgebenden Grube St. Jakob in Lautenthal, was auch die Ganzkörperdarstellung des Apostels Jakobus dem Älteren auf der Bildseite veranschaulicht. Als Schutzpatron der Wallfahrer ist dieser mit Pilgerstab und Buch auf blumenbewachsenem Boden zu sehen, darüber der sonnenartig strahlende Name Jehovas.

In der lateinischen Umschrift wird Friedrich Ulrich als von Gottes Gnaden Herzog zu Braunschweig und Lüneburg betitelt. Die Rückseite ziert der von einem wilden Mann mit Baumstamm gehaltene Wappenschild Braunschweig-Wolfenbüt­tels, wobei die unten mit aufgeprägten Buchstaben „H“ links und „S“ rechts auf den verantwortlichen Münzmeister Hermann Schlanbusch verweisen. In der Umschrift wird die erfolgreiche Ausbeute der Grube St. Jakob gepriesen, ergänzt durch den Dank an Gott für dieses Glück auf dem inneren, geteilten Schriftzug.


Historischer Hintergrund der Juliuslöser

Die in Silber geprägten Juliuslöser zählen als Schaumünzen mit mehrfachem Talergewicht zu den größten Stücken der Münzgeschichte. Eingeführt wurden sie im Jahr 1574 durch den mit namensgebenden Fürsten Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel sowie Herzog zu Braunschweig und Lüneburg (1568–1589), der 1528 in Wolfenbüttel zur Welt kam. Als Anregung sollen ihm goldene Mehrfachdukaten aus Hamburg gedient haben, sogenannte Portugalöser oder Portugaleser, die damals in Hamburg ab 1560 nach Vorbild der im Fernhandel angesehenen portugiesischen 10-Cruza­dos-Goldmünze (Portuguez) geprägt wurden. Da Julius jedoch nicht über das nötige Gold verfügte, dafür in seinem Herrschaftsgebiet reiche Silbervorkommen im Harz lagen, ließ er stattdessen zu Repräsentationszwecken große Silbermünzen prägen, die seinen Reichtum zur Schau stellten.

Repräsentativ und zugleich finanzpolitisch bedeutend

Allerdings dienten die Juliuslöser nicht nur der fürstlichen Selbstdarstellung, sondern waren auch ein bedeutendes finanzpolitisches Instrument. Damit konnte der Herrscher erstens die Silbermenge im Land kontrollieren, zweitens boten die großen wertvollen Münzen wohlhabenden Bürgern einen Anreiz für das Sparen und den Fernhandel. Und drittens: Wäre das Herzogtum in Geldnöte geraten, hätte das Volk seine Löser zurückgeben müssen und deren Silber wäre wieder zinslos eingelöst (ein anderer Erklärungsansatz für den zweiten Namensteil) in gängige Geldstücke umgemünzt worden. Da dies aber nie erforderlich wurde, blieben die Juliuslöser zunächst als Sparanlage und später als Sammelobjekt im Besitz der Bürger.

Auf der Vorderseite präsentierten die ersten Juliuslöser zu 2 bis 16 Talern ein Halbporträt des Herzogs in voller Rüstung mit Helm, in der rechten Hand die Streitaxt, die linke auf dem Griff des Schwertes ruhend, sowie links und rechts davon die geteilte Jahreszahl. Auf der Rückseite ist der Wappenschild des Herzogs abgebildet, der von zwei wilden Männern gehalten wird. Charakteristisch sind die beidseitig kreisförmig angeordneten Schrift- und Motivbänder, die nicht nur den Titel des Prägeherrn beinhalten, sondern auch eine genaue Beschreibung wie bei dem hier gezeigten Auktionsexemplar: „Neue Münze, geprägt in Heinrichstadt (damaliger Name Wolfenbüttels) nach des Reichs Schrot und Korn, genannt Braunschweiger Julius-Löser im Wert 10 Taler.“

Reformator und Förderer des ­Silberbergbaus im Harz

Bei seinem Amtsantritt im Jahre 1568 hatte Julius ein völlig verschuldetes Herzogtum übernommen. Da er als drittgeborener Sohn ursprünglich nicht für die Thronfolge vorgesehen war, hatte Julius zuvor vielerlei Erfahrungen auf den damals üblichen Fürstenreisen sammeln können. Ein entscheidender Faktor dafür, dass er zum Prototyp eines modernen Monarchen wurde, der sich durch Einführung der Reformation und Förderung des Bergbaus im Harz sowie intelligente Wirtschaftspolitik auszeichnete und schließlich zu einem der bedeutendsten Regenten in der Geschichte des Fürstentums aufstieg.

Bei seinem Tod hinterließ Julius ein eindrucksvolles Staatsvermögen in Höhe von 700000 Talern. Danach wurden zwei Jahrzehnte lang keine Löser mehr geprägt. Erst ab 1608 nahm sein Sohn Heinrich Julius deren Prägung wieder auf, die von den Nachfolgern bis 1688 weitergeführt wurde. Diese Löser dienten ausschließlich als Schau- und Sammelobjekte, zugleich wurde das Münzensammeln zu einem Statussymbol der Gebildeten.


Vollständiger Artikel im DEUTSCHEN MÜNZEN MAGAZIN Januar/Februar 2016.

Drei wertvolle Auktionsmünzen in Silber von Braunschweig-Wolfenbüttel aus dem 16./17. Jahrhundert: ganz oben ­einer der ersten Juliuslöser zu 5 Talern mit 129 Gramm von 1574 (Zuschlag: 44.000 Britische Pfund), darunter ein Jakobslöser zu 10 Talern von 1634 (160.000 Pfund) sowie ein Löser zu 10 Talern mit ebenfalls 291 Gramm von ­1638 (220.000 Pfund). Während die Rückseiten das Wappen des Fürstentums tragen, präsentieren die Vorderseiten Fürst Julius als Halbfigur in Harnisch, dann den stehenden Pilger-Schutzpatron Sankt Jakob bzw. Fürst August den Jüngeren in Rüstung zu Pferde. Fotos: Künker.

© DEUTSCHES MÜNZEN MAGAZIN - Alle Rechte vorbehalten