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PREUSSISCHE SILBER-KURSMÜNZEN IM KAISERREICH

Geprägte Kaiserporträts im Umlauf

Die Vormachtstellung Preußens im Deutschen Kaiserreich machte sich auch dadurch bemerkbar, dass dessen Könige zugleich die Kaiser stellten. Mit ihren Kopfprofilen zierten sie preußische Silber-Kursmünzen zu 2, 3 und 5 Mark.

Im 1871 bis 1918 bestehenden Deutschen Kaiserreich wurde ausschließlich dem größten und mächtigsten Teilstaat Preußen die Ehre zuteil, die drei Kaiser Wilhelm I., Friedrich III. und Wilhelm II. auf Edelmetallmünzen zu prägen. Kein Wunder, schließlich waren diese in Personalunion zugleich preußische Könige und blickten damalige Zeitgenossen im ganzen Land insbesondere auf Silbermünzen zu 2, 3 und 5 Reichsmark porträtiert in der eigenen Geldbörse entgegen.

Anderthalb Mark für ein Kilo Schweinefleisch

Denn während die höheren Münznominale zu 10 und 20 Reichsmark aus Gold für den normalen alltäglichen Zahlungsverkehr oft zu wertvoll waren, kamen die großen Silbermünzen beim Einkauf auf dem Markt oder im Laden durchaus zum Einsatz. So kostete in Deutschland um 1900 ein Kilogramm Schweinefleisch anderthalb Mark und ein Zentner Kartoffeln unter drei Mark, während ein Stuhl für knapp vier Reichsmark zu haben war. Entsprechend ist es für heutige Sammlerinnen und Sammler umso schwerer, ohne Hilfe des renommierten Münzfachhandels an gut erhaltene Stücke von damals zu kommen. Dabei wäre es sowohl äußerst reizvoll, von jedem Münztyp ein Belegexemplar zusammen zu tragen, als auch relativ kostengünstig – im Vergleich zum ambitionierten Komplettsammeln aller Jahrgänge einer wertvollen 20-MarkGoldmünze, wie im letzten Heft vorgestellt.

Silber-Kleinmünzen bis 1 Mark

Während die Kursmünzen aus Silber zu 2, 3 und 5 Mark im Deutschen Kaiserreich von den Teilstaaten mit eigengestalteten Bildseiten verausgabt wurden, erschienen die kleineren Umlaufnominale bis 1 Mark beidseitig einheitlich und motivgleich. Aus heutiger Sicht eine Besonderheit: Nicht nur die Markstücke waren damals aus 900er Silber, sondern auch die Nominale zu 50 Pfennig bzw. ½ Mark sowie anfangs sogar die 20-Pfennig-Münzen.

Erste drei Prägebuchstaben für Preußens Münzstätten

Was die Sammelidee noch attraktiver macht, ist die Tatsache, dass mit der Reichsgründung die ersten, alphabetisch neu vergebenen Prägebuchstaben der deutschen Münzstätten an Preußen gingen. Dessen Hauptmünzstätte Berlin erhielt das bis heute gültige „A“, gefolgt von den damaligen Nebenprägeanstalten in Hannover „B“ und Frankfurt am Main „C“. Mit drei Prägebuchstaben war Preußen somit auch diesbezüglich Spitzenreiter im Kaiserreich, denn die anderen Teilstaaten hatten – wenn überhaupt – höchstens eine aktive Münzstätte bzw. einen Prägebuchstaben.

Wenig Silbermünztypen von Wilhelm I. und Friedrich III.

Preußens erster Silbermünztyp im Kaiserreich war das 1874 bis 1876 geprägte 5-Mark-Stück mit dem Kopfprofil des bereits betagten Kaisers Wilhelm I. Es erschien mit 38 Millimetern Durchmesser und 27,8 Gramm Raugewicht mit seinerzeit üblichen 900 Tausendstel Feingehalt sowie der ebenfalls im Kaiserreich einheitlichen Adlerwappen-Rück- /Wertseite. Von 1876 bis 1884 wurde das Porträt des ersten deutschen Kaisers außerdem auf 28 Millimeter große und 11,1 Gramm schwere Silbermünzen zu 2 Mark geprägt. Während der Rand hier gekerbt ist, tragen die großen Fünfer die Randschrift: GOTT MIT UNS.

Als Wilhelm I. am 9. März 1888 kurz vor seinem 91. Geburtstag starb, folgte auf ihn sein bereits schwer an Kehlkopfkrebs erkrankter Sohn als Friedrich III. Da er bereits 99 Tage später seiner tödlichen Krankheit erlag, gibt es von ihm nur im damaligen Dreikönigsjahr jeweils eine Silbermünze zu 5 und 2 Mark mit seinem Kopfprofil. Beide wurden allein in Berlin geprägt, da die Münzstätten Hannover und Frankfurt bereits 1878 bzw. 1879 den Betrieb eingestellt hatten.

Neue Wappenseite und neues 3-Mark-Nominal

Nach Friedrichs Tod am 15. Juni 1888 bestieg sein Sohn Wilhelm II. als letzter deutscher Kaiser und Preußenkönig den Thron. Noch in seinem Antrittsjahr ließ er 5- und 2- Mark-Silbermünzen mit seinem von Emil Weigand gestalteten Porträt getreu der Tradition seiner beiden Vorgänger prägen, dann allerdings begann er Neuerungen einzuführen. Zunächst wurden seine Silberfünfer und -zweier ab 1891 (bis 1908 bzw. 1912) mit einer modifizierten Wappenseite weiter geprägt, wobei der preußische Hohenzollernschild in der Mitte gegenüber dem Reichsadler verkleinert war – Symbol des inzwischen erstarkten deutschen Einheitsgefühls. Dann führte er offiziell 1908 als neues zusätzliches Silbernominal das 33 Millimeter große und 16,7 Gramm schwere 3-Mark-Stück ein, das bis 1912 mit Randschrift (siehe Silberfünfer) geprägt wurde.

Weitere numismatische Premieren unter Wilhelm II.

Außerdem sollte Wilhelm II. der einzige Kaiser werden, von dem es – dank seiner am längsten währenden Amtszeit – ein zweites Münzporträt gibt, nun von Paul Sturm entworfen. Es erschien erstmals zu seinem 25-jährigen Regierungsjubiläum 1913 als Brustbild in Gardeuniform auf einer 5-Mark-Kursmünze sowie nochmals im Jahr darauf auf silbernen Umlaufstücken zu 5 und 3 Mark. Nicht zuletzt erließ Wilhelm II. zwölf Jahre nach seinem Amtsantritt auch ein numismatisch höchst bedeutsames Gesetz, wonach die deutschen Teilstaaten ab 1901 eigene Gedenkmünzen aus Silber herausgeben durften.


Vollständiger Artikel im DEUTSCHEN MÜNZEN MAGAZIN Mai/Juni 2017.

Preußens erste Kaiserreich-Silbermünze, 5 Mark 1874, darunter das einzige 2-Mark-Stück von Friedrich?III.

1908 führte Wilhelm II. das 3-Mark-Stück ein. In den Jahren 1913 bis 1914 erschien ein zweites, altersangepasstes Porträt von ihm auf Silbermünzen zu 3 und 5 Mark (unten).

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