Das hat es tatsächlich noch nie gegeben: Eine Münze aus Bimetall, bei der Ring und Pille durch einen transparenten Polymer-Werkstoff verbunden sind. Hält man das erste 5-Euro-Stück Deutschlands gegen das Licht, leuchtet der Ring in kräftigem Kobaltblau. Die spektakuläre Gedenkmünze "Planet Erde" soll Anfang 2016 erscheinen.
Kupfer-Nickel-Bimetallprägung mit durchscheinendem Polymerring: Die erste deutsche 5-Euro-Münze ist gleichzeitig eine echte technische Innovation.
Deutschlands Münzausgabe-Politik war in den letzten Jahren nicht gerade geprägt von großen Überraschungen oder Innovationen. Es gab neben den Kursmünzen jährlich fünf (manchmal sechs) 10-Euro-Gedenkmünzen, eine große und eine kleine Goldmünze sowie eine oder zwei 2-Euro-Gedenkmünzen und verschiedene Sets, in denen diese Stücke enthalten sind. Aber jetzt kommt richtig Bewegung in das Sammelgebiet: Im Oktober erscheint, wie in unserem letzten Heft ausführlich berichtet, die erste 25-Euro-Gedenkmünze Deutschlands in reinem Feinsilber und ab 2016 werden auf Wunsch der Sammler die bisherigen Kupfer-Nickel-Zehner (wieder) in hochwertigem Sterlingsilber geprägt und der Nennwert gleichzeitig auf 20 Euro erhöht.
Als ob das noch nicht genug an Neuerungen wäre, überraschte das Bundesfinanzministerium Anfang Mai die gesamte Münzbranche mit der Ankündigung einer komplett neuen Münzgattung. Anfang 2016 erscheint die erste 5-Euro-Gedenkmünze Deutschlands, deren technische Spezifikationen getrost als spektakulär bezeichnet werden dürfen: Erstmals wird ein prägbares, durchscheinendes Polymer eingesetzt, das den äußeren Ring und das Mittelstück (Pille) einer Kupfer-Nickel-Bimetallmünze trennt und zugleich verbindet. Im Gegenlicht leuchtet der millimeterfeine Kunststoff-Ring in kräftigem Blau und passt damit perfekt zum Thema der neuen Gedenkmünze - "Planet Erde".
Ein leuchtendes Blau als Erdatmosphäre
Die Bildseite des Kerns zeigt in Art einer geprägten Punktmatrix die Erde, während der äußere Metallring das Weltall symbolisiert. Eingebettet zwischen diese beiden Motivbestandteile ist der Polymerring, dessen leuchtendes Blau das Erdenrund wie eine schützende Lufthülle umgibt. Der transparente Kunststoffring wird "instinktiv als Atmosphäre der Erde" wahrgenommen, wie die Jury im Münzwettbewerb formulierte. Sie erkannte dem Designer Stefan Klein aus Iserlohn einstimmig den 1. Preis zu. Der bekannte Briefmarkengestalter (aus der Agentur Klein und Neumann "KN" stammen zahlreiche Sonderpostwertzeichen und die aktuelle Dauerserie "Blumen") habe diesen Effekt durch "geschickte Positionierung der Erdoberfläche direkt an den Polymerring" erzielt und so gleichzeitig die Verbindung zur endlosen Weite des Kosmos hergestellt. Das All wird durch verschiedene Himmelskörper symbolisiert, so den Planeten Saturn mit seinem Ringsystem.
Einmalig wird das Design auch durch die Tatsache, dass es sich dabei um die erste bundesdeutsche Münze handelt, die - bis auf das Künstlerkürzel "KN" - ohne jegliche Inschrift in Form von Buchstaben oder Zahlen auf der Bildseite auskommt. Das Thema wird dafür gleich zweifach in der Randschrift genannt: "BLAUER PLANET ERDE". Der Adler auf dem Kern der Wertseite wird auf dem äußeren Ring umgeben von den zwölf Europasternen und der Landesbezeichnung "BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND" sowie der Jahreszahl 2016, dem Prägebuchstaben und natürlich der Angabe des Nominals: 5 EURO - eine deutsche Premiere! Der Entwurf des Wappenvogels stammt von der Berliner Münzgestalterin Alina Hoyer.
Wie bei den 2-Euro-Gedenkmünzen gab es in diesem Künstlerwettbewerb keinen zweiten und dritten Preis, sondern nur einen sogenannten "Nachrücker". Dieser zweite Platz ging an Susanne Jünger aus Berlin, die in ihrer Arbeit ebenfalls mittig die Erde als Weltkugel darstellt, hier jedoch etwas kleiner. Auf dem äußeren Ring sind acht verschiedene Mondphasen zu sehen. Das Preisgericht bescheinigte dem Entwurf eine "stimmige Typographie" und "Harmonie zwischen Bild- und Wertseite". Auch wenn der Polymerring hier nicht unmittelbar als Bildelement genutzt werde, füge er sich "passend in das Gesamtbild ein".
Die neue deutsche 5-Euro-Gedenkmünze hat einen Durchmesser von 27,25 Millimetern und besteht aus Kupfer-Nickel (CuNi) in unterschiedlicher Legierung: einmal CuNi25 (mit
75 Hundertteilen Kupfer) und dem optisch identisch wirkenden CuNi19. Zusammen mit dem blauen Kunststoffring handelt es sich also um eine Münze aus drei unterschiedlichen Werkstoffen, die mit ihrem englischen Fachbegriff international als "Tri-Material-Coin" bezeichnet wird.
Der Polymerring als ein Sicherheitsmerkmal
Das aus numismatischer Sicht besonders Gelungene an der Münze ist die Tatsache, dass es sich bei dem durchscheinenden Kunststoffring nicht um einen "Gag" handelt, der zwar eine Weltneuheit darstellt, aber im Grunde keinen praktischen Nutzen für die Münze als Zahlungsmittel hat. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Die Polymereinlage ist das Ergebnis jahrelanger Entwicklungsarbeit zur Verbesserung der Fälschungssicherheit bei Münzen. Das Projekt im Auftrag der EU-Kommission wurde federführend von den beiden deutschen Münzdirektoren Günther Waadt (Bayerisches Hauptmünzamt München) und Dr. Peter Huber (Staatliche Münzen Baden-Württemberg) vorangetrieben. In enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank, dem Rondenhersteller Saxonia EuroCoin und der Automatenindustrie sollten neue Methoden erarbeitet werden, die Münzen sicherer vor Fälschungen machen. Dies erscheint vor allem im Hinblick auf mögliche höhere Kursmünzen-Nominale, zum Beispiel 5 Euro, angebracht.
Während im Banknotenbereich ständig verfeinerte Sicherheitsmerkmale angewendet werden, wie zuletzt das "Porträt-Fenster" im demnächst erscheinenden neuen 20-Euro-Schein, tut sich bei Münzen in dieser Hinsicht wenig. Zwar ist die Bimetall-Prägung bei den Höchstwerten zu 1 und 2 Euro schon ein großer Sicherheitsgewinn, weil die Münzprüfer in Automaten die unterschiedlichen Legierungen elektromagnetisch erkennen und so die Echtheit der Münze feststellen können. Mit zunehmendem Alter (Korrosion) der Münze ändern sich aber unter anderem die Werte des Übergangswiderstands zwischen Ring und Pille mit der Folge, dass jetzt sehr viele Stücke als "falsch" erkannt werden. Also muss die Messtoleranz hochgesetzt werden, was wiederum auch wirkliche Fälschungen unerkannt lässt.
Tri-Material-Coin - Münze aus drei Werkstoffen
Der Polymerring kann hier Abhilfe schaffen, indem er als Isolierung zwischen Ring und Pille die definierten elektrischen Eigenschaften der unterschiedlichen Legierungen bewahrt. In der Transparenz des Kunststoffmaterials aber liegt der noch größere Sicherheitsgewinn: Jetzt können in den Automaten-Münzprüfern auch Lichtschranken eingesetzt werden, die das Geldstück zusätzlich durchleuchten und so ein weiteres, schwer fälschbares Echtheitskriterium abgleichen können. Außerdem erkennt so auch der normale Kleingeld-Nutzer die Echtheit auf den ersten Blick - welche Münze leuchtet schon, wenn man sie gegen das Licht hält?!
Dass sich gleichzeitig auch ein attraktiveres Erscheinungsbild ergibt, ist eigentlich nur ein wünschenswerter Nebeneffekt, den sich jetzt die erste deutsche 5-Euro-Gedenkmünze zunutze macht. Es sind anspruchsvolle künstlerische Gestaltungen mit einem schwebend anmutenden Innenteil möglich. Wenn die Bevölkerung, und hier in erster Linie natürlich die Sammler, die Münz-Innovation gut annimmt, wäre auch eine ganze Münzenserie mit Polymerringen in unterschiedlichen Farben denkbar (siehe Interview im Deutschen Münzen Magazin 4/2015).
Zunächst aber musste ein Kunststoff gefunden werden, der eine ganze Reihe spezieller Eigenschaften aufzuweisen hat. Vor allem muss er beständig sein gegen extreme Kälte und Hitze, gegen Wasser, Chemikalien und UV-Strahlung. Er muss hohen mechanischen Belastungen standhalten, aber dennoch plastisch verformbar, also prägbar sein und darf weder elektrisch leitfähig noch giftig sein. Der Werkstoff, der all diese Eigenschaften erfüllt, wurde schließlich in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen entwickelt und zertifiziert.
Die Tri-Material-Ronden als Vorprodukt der neuen 5-Euro-Gedenkmünze stellen zunächst nur die Münzstätten in München und Stuttgart her, die auch Mitinhaber entsprechender
Patente sind. Geprägt wird die "Planet Erde"-Neuheit aber dann zu gleichen Teilen in allen fünf deutschen Münzstätten.
Geplant ist eine Auflage von stattlichen zwei Millionen Exemplaren, von denen rund 250000 in der höchsten Prägequalität "Spiegelglanz" gefertigt werden sollen. Diese werden in einer besonderen Schmuckverpackung an Sammler abgegeben - natürlich mit einem entsprechenden Aufschlag zum aufgeprägten Nominal von 5 Euro. Der Öffentlichkeit offiziell vorgestellt werden soll die Münze anlässlich der "World Money Fair" am ersten Februar-Wochenende 2016 in Berlin.
Spezifikationen: Planet Erde, 2016, 5 Euro, Ø 27.25 mm, Kupfer-Nickel-Bimetall (CuNi25 und CuNi19) mit Polymerring, 9 g, Prägestätten A, D, F, G, J. Geplante Gesamtauflage in Stempelglanz und Spiegelglanz: ca. zwei Millionen.
Vollständiger Artikel im DEUTSCHEN MÜNZEN MAGAZIN, Ausgabe Juli/August 2015.
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