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Neue Serie „In der Luft“: Glasklarer ring lässt den Gleitschirm schweben

Prägestart für die erste 10-Euro-Münze mit Polymerring

Mitte November begann die Prägung der ersten 10-Euro-Gedenkmünze mit Polymerring. Sie trägt unter dem Motto „In der Luft“ das Motiv eines Gleitschirmseglers, hat einen glasklaren Kunststoffring und bildet am 4. April 2019 den Auftakt zur dreiteiligen Serie „Luft bewegt“.

Zur feierlichen Erstprägung des 10-Euro-Stücks „In der Luft“ am 14. November in Karlsruhe reiste eigens die baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann an, um den Startknopf zu drücken – für die höchste Sammlerqualität „Spiegelglanz“ übrigens auf einer brandneuen Gräbener-Maschine, die als modernster Münzprägeautomat der Welt gilt. Mit drei gewaltigen 100-Tonnen-Schlägen formten die hochfesten Stempel für Vorder- und Rückseite auf dem Drei-Komponenten-Rohling das Relief mit dem Gleitschirmflieger. Dabei wird auf der Bildseite auch der Kunststoffring mitgeprägt, der nun Teile der Bergkulisse im Hintergrund trägt.

Glasklarer Polymerring

Gegenüber den 5-Euro-Stücken hat die 10-Euro-Serie keinen farbigen Polymerring, sondern einen glasklaren. Über 80 Prozent Transparenz weist dieses Material auf, wie Münzleiter Dr. Peter Huber stolz betont. Scherzhaft fügt er hinzu: „Durch diese Münze können Sie Zeitung lesen – es dauert nur etwas länger“. Und in der Tat: Legt man die Prägung auf einen klein gedruckten Text, kann man mit etwas Mühe die Buchstaben darunter erkennen. Das ist anders als bei den farbigen Polymerringen, die zwar lichtdurchlässig, aber ansonsten „blickdicht“ sind.

Ein ganz eigenes Erlebnis ist es deshalb, die neue Münze gegen helles Licht zu betrachten. Es scheint dann tatsächlich der Mittelteil im umgebenden Metallring berührungslos zu schweben – ein wahrhaft magischer Augenblick. Hält man den Poly-Zehner dagegen über bunte Hintergründe, so färbt sich der transparente Ring entsprechend ein. Wie mit einem Kaleidoskop können so interessante Effekte erzielt werden.

Ähnlich wie bei der Erfolgsmünze „Blauer Planet Erde“ und ihren 5-Euro-Nachfolgern werden bei der neuen 10-Euro-Gedenkmünze Ring und Pille aus Kupfer-Nickel durch einen Kunststoffring verbunden und gleichzeitig optisch getrennt – nur dass die Polymereinlage diesmal etwas breiter ist. Die Erstausgabe „In der Luft“ wird in einer Auflage von 1,5 Millionen in „Stempelglanz“ zum Nennwert in Umlauf gebracht und 250.000 Mal in der höchsten Prägequalität „Spiegelglanz“. Diese Sammlerstücke werden dann in einer noch nicht näher beschriebenen Präsentationsverpackung und mit einem ebenfalls noch nicht genannten Zuschlag auf das aufgeprägte Nominal angeboten.

Stempelglanz-Auflage bei nur 1,5 Millionen

Die Stempelglanz-Auflage der neuen 10-Euro-Gedenkmünze beträgt damit gerade einmal die Hälfte der letzten 5-Euro-Münze „Subtropische Zone“ (drei Millionen) und liegt auch noch signifikant unter der normalgeprägten Stückzahl des schon legendären Polymer-Pioniers „Blauer Planet Erde“ (zwei Millionen). Diese Erstausgabe war in wenigen Tagen vergriffen und erlebte eine sensationelle Wertsteigerungs-Performance. Obwohl das Bundesfinanzministerium ebenfalls von einer „sehr großen Resonanz auf die neue Münzemission“ ausgeht, wie die Leiterin des Münzreferats, Ministerialrätin Ulrike Bohm, im Interview mit dem Deutschen Münzen Magazin (Ausgabe 5/2018) betonte, will man jedoch offenbar auch die Aufnahmefähigkeit und nachhaltige Entwicklung des Sammlermarktes im Blick behalten.

Denn eines ist klar: Den Mythos der 2016er „Weltpremiere“ besitzt das neue 10-Euro-Stück nicht, auch wenn es die erste Polymerring-Münze mit diesem Nominal ist. Außerdem muss man ins Kalkül ziehen, dass das Gleitschirm-Motiv nicht für jede Münzstätte andersfarbige Ringe hat und deshalb vielleicht auch von Vielen nicht fünf Mal gekauft wird, obwohl die Prägebuchstaben die Varianten weiterhin als unterschiedlich ausweisen. Last but not least kostet die Neue doppelt so viel, was allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielt wenn man die Münze zum (jederzeit 1:1 eintauschbaren) Nennwert erworben hat. Insgesamt hört es sich deshalb durchaus sammlerfreundlich an, wenn Ministerialrätin Bohm sagt: „Wir wollen die Auflage so gestalten, dass die Münze dauerhaft gefragt bleibt und somit auch eine Wertsteigerung erfährt.“

Von Luft angetriebene Trendsportarten

Der durchsichtige Ring der neuen dreiteiligen Serie passt perfekt zum Thema „Luft bewegt“. In der Ausschreibung zum Gestaltungswettbewerb der Erstausgabe heißt es wörtlich: „Moderne motorlose Luftsportarten, die ausschließlich durch Luft angetrieben werden, sind das Gleitschirmfliegen (Paragleiten) und das Hängegleiten (Drachenfliegen). Die Motivauswahl sollte sich auf diese beiden Luftsportarten konzentrieren. Die Darstellung von Gleitschirmen und Hängegleitern mit Motor sind nicht erlaubt.“

Das Motiv mit der Umschrift „In der Luft“ zeigt denn auch einen Gleitschirm im Segelflug zwischen steilen Berghängen. Es stammt von der jungen Bildhauerin Natalie Tekampe aus Müncheberg im Landkreis Märkisch-Oderland, deren Entwurf das Preisgericht für seine „äußerst fein modellierte Plastizität und die klare Bildsprache“ lobt. Durch die Darstellung des Fluggeräts im Zentrum einer Gebirgslandschaft kommen, so die Jury weiter, „die Freiheit und die Freude des Fliegens in der Natur hervorragend zur Geltung.“ Die bildnerische Darstellung und Typographie seien dabei sehr ausgewogen gestaltet.

Die Wertseite stammt von Andre Witting aus Berlin und soll bei allen Münzen der Dreierserie (bis auf die Jahreszahl) identisch sein. Sie zeigt einen vergleichsweise kleinen, modern wirkenden Adler, Landesbezeichnung, Wertziffer und Währung, die Jahreszahl und das Prägezeichen.

Luft bewegt – zu Wasser, zu Lande und in der Luft

Über den Fortgang der dreiteiligen Serie „Luft bewegt“ (so auch die gleich bleibende Inschrift auf dem glatten Münzrand) war anfangs nicht viel bekannt. In der offiziellen Presse-Verlautbarung stand darüber kein Wort. Lediglich im Deutschen Münzen Magazin äußerte sich Referatsleiterin Bohm zu den weiteren Motiven. Geplant seien danach bis 2021 Darstellungen „dynamischer und spektakulärer Trendsportarten“, bei denen die Fortbewegung ausschließlich durch Windkraft erfolgt. „Attraktive Motive“ jedenfalls, die „neue und junge Käufergruppen ansprechen.“

Mittlerweile sind auch die Themen bekannt. Baden-Württembergs Finanzministerin Sitzmann nannte sie anlässlich der Erstprägung in Karlsruhe: Nach „In der Luft“ 2019 stehe die Serie 2020 und 2021 unter den Mottos „Zu Lande“ und „Zu Wasser“. Denkbare Motive luftgetriebener Trendsportarten wären also zum Beispiel „Land-Kiting“ (mit von Lenkdrachen gezogenen vierrädrigen Rollbrettern) oder Windsurfen auf dem Meer.

Sicherheitsmerkmale wie bei modernen Banknoten

Ursprünglich wurde der Polymerring in Münzen entwickelt, um die Fälschungssicherheit des Hartgelds zu erhöhen. Die nun erscheinenden Gedenkmünzen sind also eher ein groß angelegter Feldversuch für mögliche spätere Massenauflagen von Umlaufmünzen mit Sicherheitsmerkmalen in drei Stufen: die sichtbare, die unsichtbare und die forensische. Die für jedermann sichtbare Besonderheit dieser Geldstücke ist ihr durchsichtiger Polymerring. Keine Lupe und keine besonderen Kenntnisse sind erforderlich, diesen Ring zu identifizieren – man hält die Münze einfach gegen das Licht und der transparente Kunststoff leuchtet auf. Ein Sicherheitsmerkmal, das nur mit großem Aufwand zu fälschen ist. Unsichtbar fürs menschliche Auge sind weitere Eigenschaften des Polymers, das unter UV-Licht seine Farbe ändert und charakteristische physikalische Spezifikationen besitzt, wie etwa seine definierte elektrische (Nicht-)Leitfähigkeit. Diese Eigenschaften können von der Automatenindustrie mit ihren Echtheits-Prüfanlagen oder von Sortier- und Zählgeräten genutzt werden. Die dritte Gruppe von Sicherheitsmerkmalen im Polymerring ist versteckt vorhanden und wird mit dem Begriff „forensisch“ umschrieben. Sie sind für kriminaltechnische Untersuchungen etwa bei der Bundesbank von Bedeutung.

Deutlich leichter als Metall

Ein Unterschied zu normalen Münzen ist auch das Gewicht der Prägungen mit Polymerring. Durch das Kunststoffmaterial sind sie sehr viel leichter als reines Metall. So wiegt die 5-Euro-Münze gerade einmal ein halbes Gramm mehr als das deutlich kleinere 2-Euro-Bimetallstück. Und die nochmals größere 10-Euro-Polymermünze ist nur weitere 0,7 Gramm schwerer. Dabei entfällt auf den 1,5 Millimeter breiten Ring eine Masse von nur 0,18 Gramm – das ist weniger als ein Fünftel Gramm!

In speziellen Fügemaschinen werden die drei Komponenten – der bereits mit der Randschrift versehene äußere Metallring, der Polymerring und der mittlere Kern – form- und kraftschlüssig zu einer Einheit verbunden. Diese Münzrohlinge dürfen aus patentrechtlichen Gründen derzeit nur vom Bayerischen Hauptmünzamt und den Staatlichen Münzen Baden-Württemberg hergestellt werden, die in jahrelanger Entwicklungsarbeit federführend die neue Polymerring-Prägetechnik auf den Weg gebracht haben. Zusammen mit dem Weltmarktführer für Münzprägepressen, der Schuler AG in Göppingen, wurde mit Millionenaufwand ein Fügeautomat konstruiert, von dem bislang nur zwei Exemplare betrieben werden – in München und Karlsruhe. Hier werden die Ronden für die 5- und 10-Euro-Polymermünzen produziert, aus denen dann in den fünf staatlichen Prägestätten die Münzen gefertigt werden.

Die 10-Euro-Gedenkmünze „In der Luft“ soll anlässlich der Eröffnung der weltgrößten Münzenmesse, der World Money Fair in Berlin, am 1. Februar 2019 offiziell präsentiert und am 4. April auf den Markt gebracht werden. Die für diesen Zeitraum ursprünglich angedachte Ausgabe der nächsten 5-Euro-Polymermünze „Gemäßigte Zone“ (grüner Ring) verschiebt sich deshalb auf den 26. September, um den Erfolg der neuen Serie nicht zu schmälern.

Vollständiger Artikel im DEUTSCHEN MÜNZEN MAGAZIN Januar/Februar 2019.


In Karlsruhe präsentieren sie stolz die ersten 10-Euro-Polymermünzen ( v. l.): Prof. Dr. Andrij Pich, DWI Leibniz Institut Aachen, Dr. Peter Huber, Münzleiter Staatliche Münzen Baden-Württemberg, Fachpreisrichter Bernd Böing, Gleitschirmschule Niederrhein, Finanzministerin Edith Sitzmann und Münzgestalter Andre Witting.


Die Serie „Luft bewegt“ hat einen transparenten Polymerring, der Hintergründe durchscheinen lässt und so seine Farbe ständig verändert.



Randschrift "Luft bewegt".


Gefügte Drei-Komponenten-Münzrohlinge.


Durchmesser: genau 28,75 Millimeter


Die Normalprägungen werden in 25er-Rollen an die Bundesbank geliefert.

 

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