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alte und neue Numismatik

Im August erscheint Deutschlands erste Münze mit Teilkolorierung

Jetzt kommt Farbe in die Sammlung

Farbmünzen liegen weltweit im Trend. Jetzt ist auch die Bundesrepublik mit von der Partie: Die 20-Euro-Silbermünze „100 Jahre Weimarer Reichsverfassung“ zeigt erstmals die Deutschlandfarben Schwarz-Rot-Gold.

Am 8. August erwartet den Sammler etwas ganz Besonderes, eine echte numismatische Premiere für Deutschland: die erste Farbmünze! An diesem Tag hat die Sonderprägung „100 Jahre Weimarer Reichsverfassung“ ihren offiziellen Ersttag. Das ansonsten rein typografisch gestaltete Motiv hat im Zentrum einen etwa 10 Millimeter großen Kreis mit den horizontal angeordneten Landesfarben Schwarz-Rot-Gold. Um diesen Mittelpunkt herum laufen zentrisch Schriften und Jahreszahlen, die den Ausgabeanlass nennen und Artikel 1 der Reichsverfassung zitieren: „Das Deutsche Reich ist eine Republik . Die Staatsgewalt geht vom Volke aus.“

Der Entwurf stammt von dem Hamburger Bildhauer Frantisek Chochola, einem der erfolgreichsten Münzdesigner Deutschlands. Ihm sprach das Preisgericht im Gestaltungswettbewerb den 1. Preis zu. In der Begründung heißt es: „Der Entwurf besticht durch seine klassische Aufbereitung von Bild- und Wertseite sowie der rosettenhaften Anordnung der Typografie ... Im Zentrum der Bildseite findet sich die durch die Weimarer Reichsverfassung eingeführte Flagge. Die erstmals im deutschen Münzwesen verwendete Farbigkeit bleibt dabei nicht bloßes Dekor, sondern bringt die in den Reichsfarben symbolisierten Entscheidungen für die Republik und die Demokratie zum Ausdruck.“ Die beiden Hoheitszeichen auf Bild- und Wertseite, Flagge und Adler, stehen zugleich für die Kontinuität zwischen der Verfassungsordnung Weimars und der Bundesrepublik Deutschland. Die Randschrift lautet: „Nationalversammlung Weimar 1919“.

1992 erschien die erste Farbmünze der Welt

International sind offizielle Zahlungsmittel in Form von ganz oder teilweise kolorierten Münzen nichts Neues. Es gibt sie seit mehr als einem Vierteljahrhundert. Längst haben sie sich von ihrem anfänglichen Image als pure Kuriositäten emanzipiert und sind gesuchte Sammelobjekte – auch bei ernsthaften Numismatikern. Sie gelten als Ausdruck  moderner, innovativer Prägetechnik.
Die erste Farbmünze der Welt entstand im Herzen der Schweizer Uhrmacherregion Le Locle. Dort hat die traditionsreiche Kunstprägeanstalt Huguenin ihren Sitz, die für den Inselstaat Palau die Gedenkmünzenserie „Marine-Life Protection“ (Schutz des Meereslebens) in Kupfer-Nickel und Silber herstellte. Es war die erste Münzreihe überhaupt, deren Motive teilweise mit Farbe versehen waren. Die Startausgabe erschien 1992 zum „Year of Marine-Life Protection“ (Umschrift) und zeigt eine bunte Unterwasserwelt mit tropischen Fischen, Korallen und Pflanzen. Auf der Wertseite ist eine Meerjungfrau zu sehen (siehe Abbildung Seite 12). Das farbenprächtige Münzmotiv kam so gut an, dass schon bald weitere Länder mit kolorierten Münzen folgten. Zwei Jahre später gab es bereits rund 20 verschiedene Farbausgaben. Vor allem bei asiatischen Sammlern waren und sind derartig aufgewertete Prägungen sehr beliebt.

So richtig salonfähig wurden Farbmünzen bei Münzensammlern Ende der 1990er Jahre durch die australischen Gedenkmünzen zu den Olympischen Sommerspielen „Sydney 2000“, bei denen erstmals die olympischen Ringe in ihren Originalfarben dargestellt waren. Zu den Höhepunkten des Programms gehören die Gold-Gedenkmünzen mit dem „Sydney 2000“-Logo,
einem Fackelläufer, der durch die Kolorierung gewissermaßen eine neue Dimension vorstieß, denn die Farben haben auch symbolische Bedeutung: Das Blau steht für den Hafen und das Meer, das Gelb für die Strände und das Rot für das felsige Landesinnere.

Erste Kursmünze mit Teilkolorierung stammt aus  Kanada

Dann war es das Königlich Kanadische Münzamt, das sich mit einer immer weiter verfeinerten Technik hervortat und 2004 sogar die erste Kursmünze mit Teilkolorierung in zweistelliger Millionenauflage her-ausbrachte – ein 25-Cent-Stück zum 60. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie mit der roten Blüte einer Mohnblume (Poppy) zum Gedenken an die Kriegsopfer.
Seit einigen Jahren gibt es auch die ersten Euro-Farbmünzen, aus Belgien und Frankreich zum Beispiel oder seit 2016 aus Österreich mit dem zartrosa gefärbten Blumenstrauß einer Debütantin beim Wiener Opernball. Auch in Italien oder Spanien gehören Farbmünzen längst zum Standard-Programm. Ebenso im Reich der Mitte, wo sich Motive zum chinesischen Lunar-Kalender großer Beliebtheit erfreuen.

Jüngstes Mitglied im Club der Farbmünzen-Länder ist die Schweiz, die im Januar mit einer 20-Franken-Silbermünze zum 100-jährigen Jubiläum des Schweizer National-Circus Knie debütierte. Die Teilkolorierung der von Swissmint-Graveur Remo Mascherini gestalteten Münze besteht aus kleinen bunten Farbfeldern auf dem Kostüm des abgebildeten Clowns, dessen Konturen schwarz eingefasst sind. Die Figur balanciert im Kegel des Scheinwerferlichts auf ihrem linken Knie vier plastische Buchstaben, die vertikal das Wort „KNIE“ ergeben und damit auf die berühmte Zirkusdynastie verweisen. Die Kleinauflage von nur 5000 Exemplaren ausschließlich in der höchsten  Prägequalität „Polierte Platte“ macht das Stück noch interessanter und ließ die Preise explodieren. Heute wird sie zu dreistelligen Euro-Beträgen gehandelt.

Deutschland-Premiere

Und jetzt ist also auch Deutschland dabei. Das Bundesfinanzministerium will damit die Attraktivität der deutschen Gedenkmünzen weiter erhöhen und hofft, damit auch den Sammler-Nachwuchs zu begeistern. Die Technik selbst wird auch in Deutschlands Prägestätten seit Jahren angewendet – gerade von der Münze Berlin, wo schon seit Jahren Gedenkprägungen zu verschiedenen Anlässen hergestellt werden, deren Motive ganz oder teilweise mit Farbe verziert sind. Noch nie aber hat es eine offizielle, teilkolorierte Münze der Bundesrepublik mit D-Mark oder Euro-Nennwert gegeben.

Wegen ihrer herausragenden Expertise in Sachen Farbveredelung wurde für 2019 die Staatliche Münze Berlin mit der Herstellung von Deutschlands erster Farbmünze beauftragt. Sie erscheint in einer Auflage von annähernd einer Million Exemplaren. Diese hohe Stückzahl war denn auch die größte Herausforderung für die Hauptstadt-Münzmeister, denn die Farbdruck-Technik war dort bislang kleinauflagigen Prägungen vorbehalten, bei denen die Produktionsgeschwindigkeit nicht die entscheidende Rolle spielt.

Für eine Millionenauflage würde sich eigentlich das schnelle und relativ preiswerte Siebdruckverfahren anbieten, das jedoch den Nachteil hat, dass die Farbe nicht so abriebfest ist. Deshalb entschied man sich in Berlin für den klassischen Tampon-Druck, der die besten (und haltbarsten) Ergebnisse bringt. Dabei handelt es sich um ein indirektes Tiefdruckverfahren, bei dem die Farbe durch einen elastischen Silikonkautschuk-Stempel von der Druckform (Klischee) auf die Münze übertragen wird.

Diese Technik ist allerdings sehr zeitaufwendig: Jede der zuvor extra gereinigten und entfetteten Münzen muss einzeln von Hand in die Maschine eingelegt werden. Die Ausrichtung und Justierung des geprägten Motivs erfolgt dann vollautomatisch mit hochpräziser Kameratechnik. Auf einem „Teller“ rotiert die Münze unter bis zu fünf Stationen mit Tampons durch, die die entsprechenden Bereiche der Münzoberfläche mit Farbe betupfen. Im Fall des 20-Euro-Stücks „100 Jahre Weimarer Reichsverfassung“ waren es vier Farben – das Schwarz musste doppelt bedruckt werden, um eine perfekt deckende Schicht zu erzeugen. Das Gold ist dabei übrigens nicht etwa ein einfaches Gelb, sondern tatsächlich Goldbronze mit Metalleffekt-Pigmenten.

Anschließend wird der kolorierten Münze in einer halbautomatischen Heißtrocknungsanlage die Restfeuchte entzogen und sie wird danach zur Aushärtung für mehrere Tage in einen Klimaschrank gegeben. Insgesamt können so maximal 750 Münzen pro Stunde gefertigt werden. Zum Vergleich: Der Prägeautomat spuckt diese Menge in einer Minute aus! Damit die Riesenauflage in einem vernünftigen Zeitraum bewältigt werden konnte, schaffte die Münze Berlin eigens zwei weitere Tampondruck-Automaten des Typs Morlock MKM 80.3 an, die im Zweischichtbetrieb eingesetzt wurden. Diese Großinvestition kann sich weiter amortisieren, wenn 2020 mit der 20-Euro-Silbermünze „Münchhausen“ die zweite deutsche Farbmünze erscheint.

Schärfere Qualitätskontrollen beim Verpackungsprozess

Auch wenn das aufwendige Herstellungsverfahren hohe Abriebfestigkeit und eine besonders gute Haltbarkeit der aufgebrachten Farbe gewährleistet, gegen grobe mechanische Einwirkungen ist die Kolorierung natürlich nicht gewappnet. Damit die Münzen die Prägestätte dennoch unbeschadet verlassen, musste man beim Verpackungsprozess besondere Vorsicht walten lassen. Bekanntlich werden die Gedenkmünzen in Normalprägung „Stempelglanz“ in Münzrollen an die Bundesbank zu je 25 Stück ausgeliefert. Vor der vollautomatischen Rollierung purzeln die Münzen in Auffangbehälter und stoßen auf Förderbändern gegeneinander, was zu Macken und Kratzern führen kann – sehr zum Leidwesen der Sammler. Dass jetzt nicht auch noch die Farbschicht beschädigt wird, wurden in Berlin der gesamte Rollierprozess optimiert und verlangsamt sowie die Qualitätskontrollen erhöht. Das Ganze dauert nun etwas länger, aber die schonendere Behandlung lohnt sich. So versichert der Leiter der Staatlichen Münze Berlin, Dr. Andreas Schikora, nicht ohne Stolz, „dass die ergriffenen Maßnahmen ausreichen, die erste Farbmünze Deutschlands in einer Qualität zu liefern, wie der Sammlermarkt es von deutschen Gedenkmünzen her gewohnt ist.“


Vollständiger Artikel im DEUTSCHEN MÜNZEN MAGAZIN Juli/August 2019.

Trotz hochmoderner Druckmaschinen ist bei der Farbveredelung viel Handarbeit erforderlich. Der Berliner Münzleiter Dr. Andreas Schikora (oben, 3. von links) und seine Mitarbeiter sind stolz auf das gute Ergebnis beim 20-Euro-Pionier „Weimarer Reichsverfassung“.

Aus Palau: die erste Farbmünze der Welt.

Wegbereiter: Frühe Farbmünzen aus Australien und Kanada.

Weitere 2019er-Ausgaben: Farbmünzen aus der Schweiz, Italien und Kanada.

 

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