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alte und neue Numismatik

Eine der bedeutendsten Münzen feiert Namenstag

500 Jahre Taler

Vor einem halben Jahrtausend, im Jahr 1519, wurden im böhmischen Joachimsthal die ersten Großsilbermünzen hergestellt. Sie haben einer Münzgattung ihren Namen gegeben, die über Epochen hinweg die europäische Handels- und Kulturgeschichte prägen sollten: Taler.

Die Herstellung großer Silbermünzen im beginnenden 16. Jahrhundert entsprang dem Bedürfnis, ein höherwertiges Geldstück für den wachsenden internationalen Handel zu schaffen. Die Goldvorräte reichten nicht aus, um alle Zahlungen in diesem Edelmetall vorzunehmen, und so schufen der intensive Bergbau und die Silbergewinnung in dieser Zeit die materielle Voraussetzung für eine neue Silbermünze. Den Weg zum Taler ebneten die neu entdeckten, reichhaltigen Silbererzvorkommen aus Hall in Tirol. Denn während es in Deutschland bis zum Ende des 15. Jahrhunderts nur den Groschen mit einem Gewicht von gerade einmal drei Gramm als größtes Silberstück gab, wies der Guldiner von 1486 aus Hall in Tirol nun in eine neue Richtung: Der Silberwert der Münze entsprach dem Goldwert eines Guldens (2,5 Gramm Gold), worauf die Bezeichnung „Guldiner“ ja auch in direkter Linie verweist. Die ersten Großsilbermünzen von Herzog Sigmund von Tirol bestanden aus 15-lötigem Silber, was einem Feingehalt von 937 Tausendstel entspricht.

Von Joachimsthal in die Welt

Andere Fürsten zogen bald nach und benannten die neu geprägten Silbermünzen in Anlehnung an die eigene Währung Guldengroschen. Die Stückzahlen blieben jedoch zunächst gering, da viele Münzherren doch lieber Kleinmünzen prägten. In größerer Menge wurden die neuen Großsilbermünzen lediglich von den Grafen Schlick im böhmischen Joachimsthal geprägt und aufgrund ihrer Herkunft „Joachimsthaler Große Groschen“ genannt. Unter der abgekürzten Form „Joachimsthaler“ oder einfach als „T(h)aler“ sollten sie dann ihren Siegeszug in alle Welt antreten.

Erste Joachimsthaler-Prägungen im Jahr 1519

Die Bedeutung der neuen Großsilbermünze beschreibt ein örtlicher Zeitzeuge: Johann Mathesius, der lange in Sankt Joachimsthal lebte und dort 1565 auch verstarb, war ein deutscher Pfarrer und lutherischer Reformator. Aufgrund seiner pädagogischen Begabung und seiner weitreichenden Kenntnisse in Theologie sowie in Sprach- und Praxisfächern erhielt Mathesius 1532 eine Anstellung als Rektor der Lateinschule der aufstrebenden Silberstadt St. Joachimsthal. Zudem war er Herausgeber zahlreicher Schriften, darunter der „Sarepta oder Bergpostille, sampt der Joachimstalischen Kurtzen Chroniken“, „darinn von allerley Bergwerck und Matallen guter Bericht gegeben wird“. Für das Jahr 1519 notierte der Chronist: „Diß Jar hat man hie erstlich die alten Jochimstaler gemüntzet.“

Der Taler als Leitwährung

Die überregionale Bedeutung des Joachimstalers, im Deutschen zu Taler verkürzt, zeigt sich an der Übernahme des Wortes in andere Sprachen. Aus dem ersten Wortbestandteil Joachim leiten sich die Münzbezeichnungen Joachimico (italienisch), Jocondales (französisch) oder Joachimik (polnisch) ab. Aus der zweiten Worthälfte wurde der tschechische und slowenische Tolar, der polnische Talar, der italienische Tallero, der niederländische Daalder und natürlich der amerikanische Dollar. Den Dollar gibt es außer in den USA heute noch in Dutzenden weiteren Nationen als Währungsbezeichnung.

Doch natürlich geht es bei der Betrachtung des Talers nicht allein um die Durchsetzung einer Münzbezeichnung, sondern um den ersten Schritt zur Vereinfachung des Münzwesens. Der Augsburger Reichstag, die Vertretung der Reichsfürsten und Reichsstädte, erhob die Münze 1566 zum Reichstaler und damit zur Leitmünze Deutschlands. Doch war der Taler bald auch als europäische Leitwährung anerkannt. Als gleichwertige Handelsmünze anderer Ländern erschien neben dem Dollar in Amerika beispielsweise in Russland der „Jefimok“. Ebenso entsprachen der französische „ECU blanc“, die englische Crown sowie auch der spanische „Peso a ocho“ und der italienische Scudo dem (ungefähren) Gegenwert des Talers, was den länderübergreifenden Warenverkehr vorantrieb. Der Taler blieb über viele Jahrhunderte hinweg das wichtigste Zahlungsmittel.

Taler mit Beinamen

Zudem stellten die Taler auch unter repräsentativen und künstlerischen Gesichtspunkten einen Umbruch dar, boten doch diese großen und schweren Silbermünzen erstmals den benötigten Platz für aufwendig und kunstvoll gestaltete Motive. Da sich dann im 19. Jahrhundert die Prägetechnik und die Graveurkunst mit großen Schritten weiterentwickelten, darf diese Epoche als Blütezeit der Talerprägung gelten. Oftmals erzählen sie uns heute noch von der regionalen Geschichte und Kultur, brillieren durch kunstvolle Porträts großer Regenten oder würdigen besondere Anlässe wie einen militärischen Sieg oder Friedensschluss. Deshalb mag es kaum verwundern, dass die schönsten und berühmtesten dieser Großsilbermünzen eigene Beinamen bekamen, wie die im folgenden vorgestellten Ausbeute-, Vereins- und Siegestaler.

Taler sind geprägte Geschichte

Taler sind aufgrund ihres großen Durchmessers, ihres hohen Silbergehaltes und ihrer meisterhaften und kunstvoll gestalteten Motive in Sammlerkreisen hochbegehrt. Besonders gefragt sind die deutschen Taler des 19. Jahrhunderts. Diese sind zwar selten, aber erschwinglich. Trotz ihrer Ablösung prägten die Taler somit auch den Einstieg in die neue Mark-Ära und sind bis heute unvergessen. Als Sammelgebiet rangieren sie unter den historischen Münzen, vom Mittelalter bis zur Neuzeit, zweifellos an oberster Stelle. Ihre Beliebtheit – einst als zahlungskräftiges Geldstück, heute als begehrtes Sammelobjekt – ist ungebrochen. Schließlich trifft es bei kaum einer anderen Münze so sehr zu: Taler sind geprägte Geschichte, und das seit nunmehr 500 Jahren.


Vollständige Titelgeschichte mit zahlreichen Abbildungen im DEUTSCHEN MÜNZEN MAGAZIN November/Dezember 2019.



Der „Joachimsthaler Große Groschen“ von 1519 gab nach seiner Herkunft einer ganzen Münzgattung ihren Namen: Taler.


Sigismund von Tirol wies mit dem Tiroler Guldiner von 1486, der dem Goldwert eines Guldens entsprach, den Weg zum Taler.



Viele Taler bekamen spezielle Beinamen, wie zum Beispiel die Städtetaler (oben: Nürnberg) oder der Siegestaler des Preußenkönigs Wilhelm von 1871.

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