Die historische Demutsgeste des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt am Ehrenmal für die Helden des Warschauer Ghettos vom 7. Dezember 1970 ist Thema einer zusätzlichen 2-Euro-Gedenkmünze der Bundesrepublik Deutschland in diesem Jahr.
Am 8. Oktober erscheint die zweite 2-Euro-Gedenkmünze Deutschlands in diesem Jahr. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sie zusätzlich ins Ausgabeprogramm aufgenommen, um eine wahrhaft historische Geste des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt zu würdigen, den „Kniefall von Warschau“ vor genau 50 Jahren.
Als Kanzler der ersten sozial-liberalen Koalition leitete Willy Brandt mit seiner „neuen Ostpolitik“ einen Kurs der Entspannung gegenüber den Staaten des Ostblocks ein. Hierzu zählt auch der „Warschauer Vertrag“, der Anfang Dezember 1970 unterzeichnet wurde. Aus diesem Anlass fand auch eine feierliche Kranzniederlegung an einem Denkmal in Warschau statt, das an den Aufstand der polnischen Juden im Warschauer Ghetto 1943 erinnert. Brandt ging in Anwesenheit von etwa 300 bis 400 Warschauer Bürgern und internationalen Journalisten auf den Kranz zu und ordnete die Schleife. Doch dann wich der deutsche Regierungschef vom üblichen Zeremoniell ab: Vor dem Kranz fällt er auf die Knie und verharrt in dieser Demutsgeste für etwa eine halbe Minute. Dieses Bild vom Warschauer Kniefall ging um die Welt und ist bis heute Teil des kollektiven Gedächtnisses unserer Gesellschaft.
Rückblickend beschrieb Willy Brandt das Ereignis in seinen 1989 erschienenen Memoiren so: „Ich hatte nichts geplant, aber Schloß Wilanow, wo ich untergebracht war, in dem Gefühl verlassen, die Besonderheit des Gedenkens am Ghetto-Monument zum Ausdruck bringen zu müssen. Am Abgrund der deutschen Geschichte und unter der Last der Millionen Ermordeten tat ich, was Menschen tun, wenn die Sprache versagt.“
Das ikonische Bild der spontanen Demutsgeste wird jetzt auch zum Münzmotiv. Geschaffen wurde es von dem Berliner Medailleur und Meistergraveur Bodo Broschat, der im Gestaltungswettbewerb mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde. Die Jury dazu: „Die Komposition stellt den Bezug zum Ghettoaufstand 1943 auf eindrucksvolle Weise dar. Der Entwurf ist in äußerst feiner Relieftechnik gearbeitet und greift starke Symbole auf: den siebenarmigen Leuchter, die Ghetto-Opfer und den Kniefall.“
„Nachrücker“ ebenfalls von Bodo Broschat
Wie bei 2-Euro-Gedenkmünzen üblich werden im Münzwettbewerb keine zweiten und dritten Preise vergeben, sondern nur ein sogenannter „Nachrücker“ gewählt. Er kommt dann zum Zuge, wenn der erstplatzierte Entwurf nicht geprägt wird. Das könnte beispielsweise der Fall sein, wenn das Bundeskabinett sich dagegen entscheidet oder die Europäische Kommission von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch macht.
Für Bodo Broschat wäre das allerdings in diesem Fall egal, denn er wurde nicht nur mit dem 1. Preis ausgezeichnet, sondern ein zweites Gipsmodell von ihm auch zum Nachrücker bestimmt. Es zeigt das Geschehen aus einer anderen Perspektive und wurde vom Preisgericht so beurteilt: „Der Entwurf überrascht durch seine treffende Interpretation der historischen Szene des Kniefalls von Willy Brandt vor dem Ghetto-Ehrenmal in Warschau. Dem Verfasser gelingt es gut, die Geste als Ausdruck der Demut und Anteilnahme zu zeigen. Die Figuren des Denkmals wie auch die Person von Willy Brandt sind sehr fein modelliert.“
Vollständiger Artikel im DEUTSCHEN MÜNZEN MAGAZIN Januar/Februar 2020.
Der „Kniefall von Warschau“ wird 50 Jahre danach zum Münzmotiv. In Farbe: der 1. Preis, darunter der „Nachrücker“ in Gips.
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