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5-Euro-Serie „Wunderwelt Insekten“ ab 2022

Farbmünzen in modernster Digitaldruck-Technik

Während die Teilkolorierung deutscher 20-Euro-Silbermünzen derzeit noch auf wenige Einzelfarben beschränkt ist, sollen künftig mit modernsten Digitaldruckverfahren auch fotorealistische Effekte möglich sein.

Die Farbe ist auch auf Deutschlands Münzen angekommen. Vorreiter war die 20-Euro-Gedenkmünze zum 100. Jahrestag der Weimarer Reichsverfassung 2019 mit den Nationalfarben in Schwarz-Rot-Gold. Seither erscheint hierzulande jährlich eine Silbermünze mit Teilkolorierung: „300. Geburtstag Freiherr von Münchhausen“ (2020), „50 Jahre Die Sendung mit der Maus“ (2021) und nächstes Jahr „50 Jahre Kinderhilfswerk“.

Sie alle eint, dass hier die Farbe im Tampondruck-Verfahren aufgebracht wird, was die Möglichkeiten auf wenige Einzelfarbtöne beschränkt. So sind beispielsweise bei der „Münchhausen“-Münze nur die Jacke und die Rockschöße des Barons auf der Kanonenkugel in Rot und Blau koloriert, ebenso einige Bildelemente auf der neuen „Kinderhilfswerk“-Ausgabe. Und die Maus ist – wie im Fernsehen – orange mit braunen Ohren, Beinen und Armen und etwas Weiß in den Augen.


Die ersten deutschen Farbmünzen in Tampondruck-Technik. Hier sind nur wenige Einzelfarben möglich

Mit modernster Digitaldruck-Technik soll sich das künftig ändern. Erstmals bei der geplanten 5-Euro-Serie „Wunderwelt Insekten“ können dann auch Farbverläufe und fotorealistische Effekte verwirklicht werden. Da nun alle (Misch-)Farben des Spektrums dargestellt werden können, sind der Kreativität der Gestalter keine Grenzen gesetzt. Ein solches Inkjet-System, das im Prinzip wie ein normaler Tintenstrahldrucker für Papier funktioniert, wurde jetzt von dem badischen Druckspezialisten Thieme vorgestellt. Es wird derzeit in einem Pilotprojekt bei der Münze Stuttgart erprobt und auch bereits für die Produktion von Farb-Gedenkprägungen eingesetzt.

Nicht ohne Stolz präsentiert der neue Leiter der Staatlichen Münzen Baden-Württemberg, Benjamin Hechler, die ersten Ergebnisse anhand einer Medaille zu Ehren von Königin Katharina von Württemberg (1788–1819). Das Stück zeigt ein Porträt-Relief der Geehrten, das nachträglich mit dem neuen Digitaldruck-Verfahren farbveredelt wurde. Es wirkt wie das Glanzbild aus einem Poesiealbum mit rosa Lippen und sanften Verläufen der Gesichtsfarbe – von der blassen Stirn bis zu den leicht geröteten Wangen. Fein abgestufte Braun- und Beigetöne zieren das Haar und den barocken Rüschenkragen. Technisch eine Meisterleistung.

Quantensprung für den Münzdruck

Mit dem „auf dem Markt einzigartigen System“, so die Firma Thieme, lassen sich erstmalig über 600 Münzen pro Stunde in einem weitgehend automatisierten, hochproduktiven Prozess mehrfarbig bedrucken. Entscheidend für ein perfektes Druckergebnis auf den dreidimensional geprägten Reliefs ist eine exakte Ausrichtung der Münzrohlinge vor der Bedruckung. Dafür sorgt ein automatisches Hightech-System: Dank „Digital Image Alignment“ können die Rohlinge in beliebiger Position in die Druckmaschine eingelegt werden – das gespeicherte Drucklayout wird mithilfe eines Scanprozesses automatisch an die Winkellage jeder einzelnen Münze angepasst. Die digitale Ausrichtung dauert jeweils nur ein bis zwei Sekunden und ist damit deutlich schneller als die mechanische Positionierung der Münzaufnahme in klassischen Druckverfahren. „Für die Münzprägeanstalten ist das ein echter Quantensprung“, erklärt Oliver Beck, Vertriebsleiter Drucksysteme bei Thieme.

Entscheidend: die Haltbarkeit des Farbauftrags

Ein weiterer ganz wichtiger Aspekt ist die Haltbarkeit des Farbauftrags. Er muss so stabil sein, dass die kolorierten Münzen nicht nur den abschließenden Rollierprozess unbeschadet überstehen, sondern auch das spätere Hantieren mit den Stücken. Zwar darf nicht erwartet werden, dass das vorsätzliche Kratzen etwa mit einem Messer oder Schlüssel an der Farbschicht folgenlos bleiben würde, aber dies gilt schließlich für jede Münzoberfläche. Die Spezialtinten sorgen jedenfalls für die derzeit technisch bestmögliche Haftung und Abriebfestigkeit des Farbauftrags auf den metallenen Untergründen. Insgesamt bietet das System sieben Farbkanäle: Blau, Rot, Gelb, Schwarz und Weiß sowie Grundierung und Decklack. Für spezielle Leuchteffekte steht außerdem ein fluoreszierender Klarlack zur Verfügung.

Wesentlich für einen wirtschaftlichen Druckprozess ist ein hoher Automatisierungsgrad sowie eine einfache Beschickung. Der Thieme-Münzdrucker arbeitet mit wechselbaren Adapterplatten (Trays), in die – je nach Durchmesser der Gepräge – mehrere Dutzend Münzen oder Barren gleichzeitig eingelegt werden können. Das Doppeltischsystem erlaubt das gleichzeitige Bestücken und Drucken mit einer Zykluszeit von rund drei Minuten pro Tray. Bei einer Belegung mit 32 Münzen bedeutet dies einen Durchsatz von 640 Münzen pro Stunde.
Die höhere Produktivität geht dabei jedoch nicht auf Kosten der Druckqualität: Mit einer Auflösung von 800 x 1200 dpi („dot per inch“ = Punkte pro Zoll), also mit Farbpunktgrößen im Hundertstel-Millimeter-Bereich, lassen sich auch sehr filigrane Prägemotive qualitativ hochwertig kolorieren. Nur unter der Lupe erkennt man die einzelnen Pixel.

In Stuttgart sammelt man jetzt wichtige Erfahrungen, ehe die Maschine nächstes Jahr ihre Feuertaufe bestehen muss. Denn keiner weiß letztlich, wie sich das Drucksystem bewährt, wenn es um eine Millionenauflage geht. Dann muss sie wohl von zwei Personen im Mehrschichtbetrieb „gefüttert“ werden, um auf entsprechende Stückzahlen zu kommen. Sogar die Anschaffung einer zweiten Druckmaschine mit den Dimensionen eines Kleinwagens (und dem 40-fachen Preis eines solchen Fahrzeugs) könnte dann notwendig werden. „Aber das können wir jetzt noch nicht im Detail planen“, meint Münzdirektor Benjamin Hechler, „das machen wir, wenn der Auftrag kommt.“


Vollständiger Artikel im DEUTSCHEN MÜNZEN MAGAZIN Juli/August 2021.

Das Relief dieser Silberprägung wurde auf dem neuen Digitaldruck-System der Firma Thieme koloriert. Die feinen Farbverläufe lassen erahnen, welches Potenzial in der modernen Technik steckt.

Münzdirektor Benjamin Hechler (oben, rechts) und sein Technischer Leiter Axel Nann testen die neue Farbdruckmaschine in Stuttgart. Das mehrere Hunderttausend Euro teure Hightech-Gerät arbeitet wie ein normaler Inkjetdrucker – allerdings mit Spezialtinten und einem ausgeklügelten Ausrichtsystem zur exakten Positionierung der Rohlinge.

 

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