Internationale Fachzeitschrift für
alte und neue Numismatik

Editorial November / Dezember 2021

Vor 20 Jahren gab es die ersten Euro-Münzen als „Starterkits“

Vor genau 20 Jahren, ab dem 17. Dezember 2001, wurden von Banken und Sparkassen in Deutschland über 50 Millionen sogenannte Starterkits gebühren­frei für 20 Mark abgegeben. Diese in Fo­lien verpackten Münz-Haushalts­mischungen enthielten je­weils 20 Euro- und Cent-Münzen im Wert von 10,23 Euro.

Unterm Weihnachtsbaum saßen die Familien damals beisammen und bestaunten erstmals ihr neues Kleingeld, das sie vorab bekommen hatten. „Sieht aus wie Urlaubsgeld“, meinten manche, als sie ihren ersten echten Euro in Händen hielten. Denn er ist aus Bimetall – das gab es zuvor in Italien oder Spanien, aber noch nie in Deutschland. Mit einer Träne im Knopfloch haben sie damals Abschied genommen von der lieb gewordenen D-Mark, die die Westdeutschen durch Wirtschaftswunder-Zeiten und die Bürger der ehemaligen DDR auf dem Weg in die Freiheit begleitet hat. Aber nun begann eine neue Ära.

Rund 100 verschiedene Kursmünzen waren plötzlich hierzulande gültig. Ein Euro mit dem spanischen König ebenso wie die irische Harfe oder die antike Eule aus Athen. Zumindest in der Anfangsphase sahen die Menschen ihr neues Kleingeld mit ganz anderen Augen: Es waren für sie Sammlerstücke, die von der Geschichte und Kultur der europäischen Völker erzählen.

Eine regelrechte „Europhorie“ machte sich breit in der Bevölkerung. An Tankstellen und in Schreibwarengeschäften wurden binnen weniger Wochen hunderttausende Eindrückalben verkauft, in denen die neuen Münzen der anfangs zwölf Euro-Staaten gesammelt werden konnten. Gestandene Konzernmanager auf Dienstreise hatten von ihrer Familie den dringenden Auftrag, die Augen offen zu halten und die damals noch raren ausländischen Stücke in möglichst prägefrischer Qualität mit nach Hause zu bringen. Noch heute stehen sicherlich unzählige dieser oft nie ganz komplettierten Euro-Kursmünzensammlungen in Bücherregalen oder lagern halb vergessen in irgendwelchen Schubladen.

Und dennoch: Die Euro-Bargeldeinführung vor nun fast 20 Jahren hat dem Hobby Münzensammeln in Deutschland einen ungekannten Schub verliehen, von dem die Branche heute noch zehrt. Denn aus den nach Millionen zählenden Gelegenheitssammlern dieser Tage sind nicht wenige echte Münzensammler geworden, die dieses Hobby nun seit zwei Jahrzehnten mit großer Leidenschaft betreiben. Und kaum einer von ihnen hat es bereut – zumal jene nicht, die damals auch auf Goldmünzen gesetzt haben. Außer der Freude am Sammeln und Komplettieren haben sie so ganz nebenbei Schätze zusammengetragen, die heute ein Vielfaches ihres Einstandspreises wert sind.

Erzinger
Wolfgang Erzinger,
Herausgeber
Deutsches Münzen Magazin

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