Internationale Fachzeitschrift für
alte und neue Numismatik

Münzen aus dem Deutschen Kaiserreich

Erschwingliche Silber-Raritäten

Die Silbermünzen des Deutschen Kaiserreichs sind begehrte Stücke, die uns aufgrund ihrer historischen Bedeutung faszinieren. Und sie können – je nach Auflage und Erhaltung – ein erschwinglicher Start in das Sammelgebiet historischer Münzen sein.

Wilhelm I. wurde 1871 in Versailles zum Deutschen Kaiser gekrönt und im neu gegründeten Kaiserreich erstmals die Mark als einheitliche Währung eingeführt. Die Reichsmark setzte der deutschen Kleinstaaterei und dem vorherrschenden Münzwirrwarr ein Ende, erleichterte den Handel und verlieh dem noch fragilen politischen Reichsgebilde mehr Zusammenhalt und Stabilität. Gerne werden diese Umstände mit der 130 Jahre später stattfindenden Euroeinführung verglichen, wo ganz ähnliche Kriterien zu unserer heutigen europäischen Währung führten. 

Nachdem noch im Gründungsjahr des Kaiserreichs erstmals 20-Mark-Goldmünzen in der neuen Währung „Reichsmark“ herausgegeben wurden, folgte 1873 das erste Silberstück mit dem Nominal „1 Mark“ (24 mm, 5,5 g), das bis 1916 geprägt werden sollte. Die Silbermünze mit dem halben Nennwert zu 1/2 Mark (20 mm, 2,7 g) löste im Jahr 1905 die 50-Pfennig-Münze ab und wurde dann bis 1919 weitergeprägt. Bemerkenswert und sammelwürdig: Auch schon diese Münzen zu 50 Pfennig und 1/2 Mark können mit ihrem inneren Wert glänzen: Sie haben den hohen Silbergehalt von 900/1000 und sind so, was die Feinheit betrifft, den höheren Silbernominalen des Kaiserreichs ebenbürtig. Zudem kam es durch die langen Ausgabezeiträume zu millionenstarken Auflagezahlen, was für eine gute Verfügbarkeit spricht. Die kleineren Stückelungen sind oftmals günstiger und bei Sammlern und Anlegern sehr beliebt: Sie eignen sich ideal zum Aufbau einer Sammlung historischer Münzen. 

In Eichenlaub gerahmte Werte  

Typisch für die 1-Mark- und 1/2-Mark-Silberlinge ist auch, dass sie kein Herrscherporträt zeigen, da sie zentral und nicht von einzelnen Reichsstaaten ausgegeben wurden. Stattdessen zieren in Eichenlaub gerahmte Wertangaben, die Umschrift Deutsches Reich sowie das Prägejahr umgeben von einem Perlrand die Vorderseite; die Rückseite blieb dem Reichs-Wappenadler vorbehalten, was durch die Reichsmünzordnung zwingend vorgegeben war. Auch die Reichsmünzen der deutschen Hansestädte tragen naturgemäß kein Bild eines Regenten auf der Vorderseite. Stattdessen ist das jeweilige Stadtwappen abgebildet. Die hier gezeigte Silbermünze im Nennwert von 2 Mark (28 mm, 11,1 g) stammt aus Hamburg (Prägebuchstabe „J“), das zusammen mit den Hansestädten Lübeck und Bremen sozusagen die letzte Bastion der ehemals mächtigen Handelsorganisation bildete. Das Motiv des Stadtwappens wird flankiert von zwei Löwen, die den Schild mit Burg und federgeschmücktem Helm halten. 

Nachdem im sogenannten Dreikaiserjahr 1888 Kaiser Wilhelm I. und kurz darauf sein bereits bei der Krönung von einer Lungenkrankheit schwer gezeichneter Sohn Friedrich III. gestorben waren, kam sein Enkel Wilhelm II. auf den deutschen Kaiserthron. Kaiser Wilhelm II. ließ – seinem ausgeprägten Geschichtsbewusstsein folgend – ab 1901 mehrere Gedenkmünzen prägen. Der Kaiser selbst erscheint im Porträt mit Uniform beispielsweise auf der 5-Mark-Silbermünze (38 mm, 27,7 g), die 1913 erschienen ist (Prägebuchstabe A für Berlin). Im gleichen Jahr war ein 100-Jahr-Jubiläum der Anlass für die Ausgabe einer 3-Mark-Münze, welche die Befreiungskriege thematisiert, mit denen die Vorherrschaft Napoleons in Europa beendet wurde. Mit dem Aufruf „An Mein Volk“ hatte sich der damalige preußische König Friedrich Wilhelm III. im März 1813 an „Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litthauer“ gewandt und um Unterstützung für den Kampf gegen Napoleon I. gebeten. Die Münzinschrift „Der König rief und alle kamen. Mit Gott für König und Vaterland“ bezieht sich auf den Aufruf, in dem sich erstmals ein Monarch unmittelbar an sein Volk gewandt hatte. Ebenso wie das Datum 17.3.1813. Die Wertseite zeigt einen Adler, der eine Schlange greift, was als starkes Symbol der Befreiung aus der Fremdherrschaft Napoleons gedeutet werden kann.

„Bei Gott ist Rat und Tat“ 

Eine weitere Silbermünze aus der Regierungszeit Wilhelm II. bedient sich gleichfalls sowohl göttlichen Beistands – „Bei Gott ist Rat und Tat“ – als auch der Metaphern aus dem Tierreich. Das 3-Mark-Stück von 1915 zeigt den Kampf des heiligen Georg mit dem Drachen und knüpfte damit an die alten Mansfelder Taler an, die traditionell das Motiv Georgs als des Schutzheiligen der Bergleute abbildeten. Die Kaiserreich-Münze feierte die 100-jährige Zugehörigkeit der Grafschaft Mansfeld zu Preußen, die mit ihren reichen Kupfer- und Silbervorkommen ein wichtiger Lieferant für das Münzwesen war – wie auch das 3-Mark-Stück mit der Inschrift „Segen des Mansfelder Bergbaus“ dokumentiert.


Vollständiger Artikel im DEUTSCHEN MÜNZEN MAGAZIN Mai/Juni 2023.

1873, vor 150 Jahren, erschien die erste Silbermünze im Deutschen Kaiserreich. Das 1-Mark-Stück hat – wie die später folgenden höheren Nominale und Gedenkmünzen von Wilhelm II. – einen Feingehalt von 900/1000. 

 

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